Demo-Aufrufe

Anarchy in the EU

Geheimdienste und Polizeien auflösen – Anarchy in the Eu!   Demo am 25.04. in Berlin

Laut einem Pro­to­koll der EU-​Rats­ar­beits­grup­pe „Ter­ro­ris­mus“ or­ga­ni­siert die eu­ro­päi­sche Po­li­zeia­gen­tur EU­RO­POL am 24./25. April 2012 in Den Haag eine Kon­fe­renz zu An­ar­chis­mus. Neben einem Re­fe­rat der ita­lie­ni­schen De­le­ga­ti­on über Ak­ti­vi­tä­ten der „Fe­dera­zio­ne An­archi­ca In­for­ma­le“ (F.A.I.) soll die Kon­fe­renz laut Me­dien­be­rich­ten auch Ak­ti­vi­tä­ten gegen „Schie­nen­netz­wer­ke“ und das „No Bor­der-​Netz­werk“ be­han­deln.

„Schie­nen­netz­wer­ke“? WTF?!

Ganz im Stile eu­ro­päi­scher Po­li­tik bleibt der tat­säch­li­che In­halt und die In­ten­ti­on der Ver­an­stal­ter im Dun­keln. Un­klar ist zum Bei­spiel, was mit dem Be­griff „Schie­nen­netz­wer­ke“ ge­meint ist: Nahe lie­gen die Pro­tes­te gegen das „Schie­nen­netz­werk“ Stutt­gart 21 eben­so wie gegen die Hoch­ge­schwin­dig­keits­ver­bin­dung „Treno ad Alta Ve­lo­cità“ (TAV) von Turin ins fran­zö­si­sche Lyon. Gegen beide Pro­jek­te leis­tet die ört­li­che Be­völ­ke­rung mas­si­ven Wi­der­stand, der selbst­ver­ständ­lich auch aus un­ter­schied­li­chen lin­ken Be­we­gun­gen Ita­li­ens und Deutsch­lands ge­tra­gen wird. Die Bun­des­re­gie­rung spricht in die­sem Zu­sam­men­hang von „Links­ex­tre­mis­mus/-​ter­ro­ris­mus“ und des­sen an­geb­li­chen „An­grif­fe[n] auf Zug­trans­por­te“.

Es ist zu ver­mu­ten, dass die Kon­fe­renz von EU­RO­POL den le­gi­ti­men Wi­der­stand gegen sinn­lo­se Groß­pro­jek­te oder ge­fähr­li­che Tech­no­lo­gi­en in den Fokus kon­ser­va­ti­ver Si­cher­heits­fa­na­ti­ker rü­cken soll. Dies würde zur Po­li­tik der Re­gie­run­gen und ihrer Po­li­zei­en pas­sen, die immer wie­der be­haup­ten, De­mons­tran­t_in­nen wür­den Tote in Kauf neh­men und seien als „ter­ro­ris­tisch“ ein­zu­stu­fen. Dem­ge­gen­über sind es immer wie­der sie selbst, die bei De­mons­tra­tio­nen mit Waf­fen­ge­walt und Ter­ror­me­tho­den das Leben von en­ga­gier­ten Men­schen ge­fähr­den. Jüngs­te Bei­spie­le sind der No-​TAV-​Ak­ti­vist „Luca“, der durch eine Ak­ti­on der Po­li­zei le­bens­be­droh­lich aus gro­ßer Höhe ab­stürz­te oder der junge Mann, der beim spa­ni­schen Ge­ne­ral­streik gegen die ka­pi­ta­lis­ti­sche Kri­sen­po­li­tik von den Bul­len ein Gum­mi­ge­schoss in den Kopf ge­jagt bekam.

„96 An­ar­chis­ten“ und das „No Bor­der-​Netz­werk“

Laut Bun­des­re­gie­rung sol­len zudem Ak­ti­vi­tä­ten des „No Bor­der-​Netz­werks“ bei der Ta­gung the­ma­ti­siert wer­den. Auch hier ist un­klar, was das be­deu­ten soll. Seit den frü­hen 90er Jah­ren or­ga­ni­sie­ren mi­gra­ti­ons­so­li­da­ri­sche Grup­pen re­gel­mä­ßig grenz­über­schrei­ten­de De­mons­tra­tio­nen, Camps oder Kam­pa­gnen. Für die­ses Jahr wol­len sie unter dem Motto „Boats for peop­le“ mit Schif­fen auf dem Mit­tel­meer Prä­senz zei­gen und dort gegen die men­schen­ver­ach­ten­de und oft töd­li­che Ge­walt der EU-​Grenz­schutz­agen­tur FRON­TEX de­mons­trie­ren.

Wo­mög­lich sind aber die Vor­komm­nis­se auf dem Grenz­camp 2010 in Brüs­sel ge­meint: Die bel­gi­sche Po­li­zei woll­te in einer bei­spiel­lo­sen Ak­ti­on ver­hin­dern, dass Men­schen aus dem Camp an einer in­ter­na­tio­na­len Ge­werk­schafts­de­mons­tra­ti­on teil­neh­men. Ge­hol­fen hatte dabei ver­mut­lich der spä­ter ent­tarn­te Po­li­zei­spit­zel Simon Brom­ma, der seine „Er­kennt­nis­se“ täg­lich an das LKA in Stutt­gart wei­ter­gab. Wo­mög­lich ge­lang­ten dar­auf­hin ver­fälsch­te In­for­ma­tio­nen an die bel­gi­schen Be­hör­den, die schließ­lich zur Fest­nah­me von „96 An­ar­chis­ten“ führ­ten. Der­art ver­mel­de­te es da­mals ein Po­li­zei­spre­cher ohne An­ga­be von Grün­den. Weder führ­ten die Ak­ti­vis­t_in­nen „ver­bo­te­ne Ge­gen­stän­de“ mit, noch nah­men sie „straf­recht­lich re­le­van­te Hand­lun­gen“ vor. Es liegt also nahe, dass die Fest­nah­men nur wegen einer „an­ar­chis­ti­schen“ Ge­sin­nung vor­ge­nom­men wur­den.

„Eu­ro-​An­ar­chis­ten“

Auch das BKA setzt lin­ken Ak­ti­vis­mus mit einem an­geb­li­chen mi­li­tan­ten „An­ar­chis­mus“ gleich. Im Ja­nu­ar letz­ten Jah­res war des­sen Chef Jörg Ziercke vom In­nen­aus­schuss des Bun­des­ta­ges be­fragt wor­den, wozu seine Be­hör­de mit Groß­bri­tan­ni­en aus­gie­big ver­deck­te Er­mitt­ler tauscht. Ziercke hatte zur Be­grün­dung der staat­li­chen Un­ter­wan­de­rung des G8-​Gip­fels 2007 und NA­TO-​Gip­fels 2009 eine an­geb­li­che „Eu­ro­päi­sie­rung der An­ar­cho­sze­ne“ aus Grie­chen­land, Spa­ni­en, Groß­bri­tan­ni­en, Frank­reich, Dä­ne­mark und Deutsch­land an­ge­führt. Er be­grün­de­tet au­ßer­dem die in Hei­li­gen­damm ein­ge­setz­ten bri­ti­schen Spit­zel mit dem Vor­ge­hen gegen „Eu­r­o­an­ar­chis­ten, mi­li­tan­te Links­ex­tre­mis­ten und –ter­ro­ris­ten“. Der Be­griff „Eu­ro-​An­ar­chis­ten“ war bis dahin im deut­schen Sprach­raum nicht ge­bräuch­lich. Mitt­ler­wei­le wird sogar der eher li­be­ral-​bür­ger­li­chen Pi­ra­ten­par­tei eine „An­griffs­hal­tung ge­gen­über dem Staat“ at­tes­tiert und deren Kon­zep­ti­on ver­meint­lich als „an­ar­chis­tisch“ be­zeich­net.

„Or­ga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät“ und „Ter­ro­ris­mus“

Auch der EU-​Ge­heim­dienst Sit­Cen be­schäf­tigt sich mit dem „Phä­no­men ’An­ar­chis­mus’“. Im Ok­to­ber hatte der Dienst ein „Si­tua­ti­on As­sess­ment“ er­stellt, für das auch das deut­sche Bun­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz einen Bei­trag lie­fer­te. Bei EU­RO­POL selbst wer­den ein­lau­fen­de Er­kennt­nis­se im jähr­li­chen „Ter­ro­rism Si­tua­ti­on and Trend Re­port“ ver­öf­fent­licht. Zu den von „an­ar­chist ex­tre­mists“ un­ter­stütz­ten The­men zäh­len dem­nach „an­ti-​ca­pi­ta­lism, an­ti-​mi­li­ta­rism, an­ti-​fa­scism and the ’No Bor­ders’ cam­paign“. In­for­ma­tio­nen seien aus Deutsch­land, Schwe­den, der Tsche­chi­schen Re­pu­blik und Groß­bri­tan­ni­en an­ge­lie­fert wor­den.

Erst kürz­lich wurde of­fen­kun­dig, dass EU­RO­POL auch grenz­über­schrei­ten­de In­itia­ti­ven von Um­welt-​ und Tier­rechts­ak­ti­vis­t_in­nen be­ob­ach­tet. Auf Grund­la­ge die­ser „Er­kennt­nis­se“ or­ga­ni­siert die Po­li­zeia­gen­tur re­gel­mä­ßi­ge Kon­fe­ren­zen zu so ge­nann­ten „Tier­rechts­ex­tre­mis­mus”.

Die Be­ob­ach­tun­gen zu „Ter­ro­ris­mus“ und „Ex­tre­mis­mus“ wer­den bei EU­RO­POL in der weit­ge­hen­den Ana­ly­se­ar­beits­da­tei (AWF) „Dol­phin“ ab­ge­legt, die teil­wei­se re­gel­rech­te Dos­siers über Per­so­nen, Ob­jek­te oder Tat­her­gän­ge ent­hal­ten kann. Laut Bun­des­re­gie­rung fin­det das Tref­fen zu „An­ar­chis­mus“ am 25.​04. im Rah­men einer Ein­la­dung an die 20 Mit­glieds­staa­ten der AWF „Dol­phin“ statt. Nicht nur durch die Lis­tung in den „Dol­phin“-​Dos­siers wer­den po­li­ti­sche Ak­ti­vis­t_in­nen kri­mi­na­li­siert. Im Mai sol­len die zahl­rei­chen AWFs neu struk­tu­riert und fort­an unter den bei­den Schlag­wor­ten „Or­ga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät“ und „Ter­ro­ris­mus“ ge­führt wer­den.

Wenn An­woh­ner_in­nen und An­ar­chis­t_in­nen zum „Stand­or­t­ri­si­ko” wer­den

„An­ar­chis­mus“ oder ver­meint­li­che „Eu­ro-​An­ar­chis­ten“ wer­den zum Sam­mel­be­griff von po­li­tisch un­lieb­sa­mem in­ter­na­tio­na­len, lin­ken En­ga­ge­ment. An­ar­chis­mus ist indes eine po­li­ti­sche Ein­stel­lung, die Herr­schaft von Men­schen über Men­schen und jede Art von Hier­ar­chie als Form der Un­ter­drü­ckung von in­di­vi­du­el­ler und kol­lek­ti­ver Frei­heit ab­lehnt. Eine sol­che auf Frei­heit, Selbst­be­stim­mung, Gleich­be­rech­ti­gung sowie Selbst­ver­wirk­li­chung der In­di­vi­du­en set­zen­de und einen so­li­da­ri­schen Um­gang der Men­schen mit­ein­an­der ein­for­dern­de Hal­tung müss­te bei einem frei­heit­li­chen Pro­jekt, das die EU ja an­geb­lich sein soll, ei­gent­lich auf Re­spekt sto­ßen.

Die Kri­mi­na­li­sie­rung des le­gi­ti­men Wi­der­stands gegen „Schie­nen­netz­wer­ke” oder „Zug­trans­por­te”, die mör­de­ri­schen Ak­ti­vi­tä­ten von FRON­TEX sowie die ideo­lo­gisch-​mo­ti­vier­te Dif­fa­mie­rung des An­ar­chis­mus an­sich, macht uns wü­tend und zor­nig. Dass in Ber­lin ein In­nen­se­na­tor wie­der ein­mal ver­sucht, den Pro­test von An­woh­ner_in­nen gegen stei­gen­de Mie­ten (z.B. vor Kur­zem in Ge­stalt des BMW Gug­gen­heim Labs) zu kri­mi­na­li­sie­ren, in dem er bei­spiels­wei­se von „Lin­ken Chao­ten” und einem an­geb­li­chen „Stand­or­t­ri­si­ko” spricht, ist ein wei­te­rer Beleg für die Angst der Re­gie­ren­den vor dem er­folg­rei­chen Wi­der­stand der Re­gier­ten.

Daher wol­len wir am 25. April gegen 17 Uhr zur BKA-​Au­ßen­stel­le in Ber­lin-​Trep­tow zie­hen, um un­se­ren Unmut über EU­RO­POLs „An­ar­chis­mus“-​Kon­fe­renz, den all­täg­li­chen Ras­sis­mus in Eu­ro­pa und die Gleich­set­zung von An­ar­chis­mus bzw. lin­kem Ak­ti­vis­mus mit „Ter­ro­ris­mus“ deut­lich zu zei­gen. Au­ßer­dem bie­tet es die ge­wähl­te Route an, auch die Wi­der­wer­tig­kei­ten ka­pi­ta­lis­ti­scher Stadt­um­struk­tu­rie­rung sowie die Ein­schüch­te­rungs­ver­su­che der Ber­li­ner Re­pres­si­ons­be­hör­den im Vor­feld des 1. Mai zu adres­sie­ren.

Kri­mi­nell ist das Sys­tem – nicht der Wi­der­stand!

Un­se­re „In­to­le­ranz” gegen ihre Un­ter­drü­ckung — für mehr Stand­or­t­ri­si­ken!

Out of Con­trol Ber­lin

De­mons­tra­ti­on | 25.4. | 17 Uhr | U-Bhf Schle­si­sches Tor | Ber­lin-​Kreuz­berg

weitere Infos: outofcontrol.blogsport.de

Nimm dir, was dir zusteht! – Aufruf zur Antikapitalistischen Walpurgisnacht 2012

Schon seit Jahren herrscht in Berlin ein raues Klima der sozialen Ausgrenzung. Maßgeblich vorangetrieben von einer SPD-Regierung, deren sozial-chauvinistische Ausrichtung spätestens mit dem Ende der rot-roten Mogelpackung und dem Wechsel zum schwarz-roten Bollwerk des Konservativismus offensichtlich zu Tage tritt.

Großprojekte für den heißgeliebten Wirtschaftsstandort

Hierbei entfernt sich die Stadtpolitik zusehends von den Bedürfnissen der Menschen vor Ort und orientiert sich verstärkt an den Maßgaben internationaler Konzerne oder Wirtschafts-Cluster. So gibt es statt einem sozialen Wohnungsbau, der unter Rot-Rot faktisch abgeschafft wurde, halt ein Mediaspree-Projekt mit Flussblick für Mercedes-Benz oder einen neuen Großflughafen, der zehntausende Menschen nicht mehr schlafen lässt. Auf diese Weise entstehen immer mehr abgeschlossene Spielräume für ein finanzstarkes Klientel, die alle Menschen ohne das nötige Kleingeld ausschließen. Da passt es gut ins Bild, dass der Flughafen als Berlins „modernes Tor zur Welt“ gleichzeitig Deutschlands größten Abschiebeknast beherbergen wird und damit exemplarisch für diese (globale) Trennung von Arm und Reich steht.

Die Mietspirale dreht sich unaufhörlich nach oben

Doch auch innerhalb des Stadtgebietes von Berlin ist es schon lange nicht mehr für alle möglich, überall zu leben. Vor allem in der Innenstadt erreichen die Mieten ständig neue Höchstwerte. Mit einer Durchschnittsmiete von 8,02 Euro pro Quadratmeter ist 2011 Friedrichshain-Kreuzberg der teuerste Bezirk Berlins ist. Billigen Wohnraum gibt es großflächig nur noch in den Randbezirken.

Auf diese Weise werden die Innenstadtgebiete langsam sozial entmischt. Menschen mit weniger Geld müssen aus ihnen wegziehen und stattdessen siedelt sich ein zahlungskräftigeres Klientel an. So sind momentan in Berlin rund 65.000 Haushalte von Menschen, die HartzIV beziehen, unmittelbar von Zwangsräumungen bedroht, da die Jobcenter wegen Mieten über den Regelsätzen massenhaft Mahnungen zur „Kostensenkung“ verschicken. Inzwischen wird immer mehr Menschen klar, dass es sich bei diesen Entwicklungen eben nicht um Einzelfälle handelt, sondern um politisch gewollte Prozesse. Steigende Mieten sind für den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit lediglich ein Zeichen „für die wachsende Prosperität“ also den steigenden Wohlstand Berlins

und weniger ein Problem der sozialen Gerechtigkeit. Das Versprechen des neuen Senats mehr bezahlbaren Wohnraum (in der Innenstadt) zu schaffen wird unter diesen Bedingungen zum bloßen Lippenbekenntnis. Tatsächlich ist ein Ende der stetig wachsenden Mieten, die laut Berliner Mietenspiegel 2011 innerhalb von zwei Jahren im Durchschnitt um 8,34% angestiegen sind, nicht zu erwarten.

Zahlen sollen alle, verdienen nur wenige

Oft heißt es jedoch, dass die Warmmieten in Berlin trotzdem geringer sind als in allen anderen deutschen Großstädten. Aufgrund der niedrigeren Einkommen gibt jedoch im Durchschnitt jeder Berliner Haushalt fast 30% des gesamten Monatseinkommens für die Miete aus. Somit haben die Menschen in Berlin am Ende des Monats trotzdem erheblich weniger Geld in der Tasche, als Leute aus Köln, München, Hamburg oder Frankfurt. Gleichzeitig steigen die alltäglichen Kosten ständig weiter. Zumindest beim Wasser ist inzwischen auch klar, warum. Dank Geheimverträgen des Senats verdienen private Unternehmen wie RWE oder Veolia kräftig am kommunalen Gut mit. Wir haben schon lange die Schnauze voll und werden auch in diesem Jahr nicht schweigen, wenn es darum geht, unseren Protest gegen eine Politik der Umverteilung von unten nach oben lautstark zu äußern.

Wer aufmuckt, wird ruhig gestellt

Trotz des offensichtlich unsozialen Charakters einer solchen Stadtpolitik wird allerdings der Widerstand dagegen oft marginalisiert oder in eine kriminelle Ecke geschoben. Dann ist es der „Terror der linken Chaoten“ (Berliner Kurier), der eine positiven Entwicklung der Stadt oder einzelner Teile verhindert. Mit dem neuen Berliner Innensenator Frank Henkel hat sich diese altbekannte Strategie der politischen Kriminalisierung weiter verschärft. Hatte er sich während des Wahlkampfes schon als rigoroser Law-and-Order-Politiker positioniert, ließ er schon kurz nach seinem Amtsantritt handfeste Taten folgen. Fast genau ein Jahr nach der Räumung der Liebig 14 wurde das alternative Wohn-und Kulturprojekt in der Rigaer Straße 94 von einem Großaufgebot der Polizei brutal angegriffen und durchsucht. Nur wenige Tage später fand in Berlin die „International Urban Operations Conference“, eine Kriegsmesse mit dem Schwerpunkt der Kriegsführung im städtischen Raum, statt, gefolgt vom Europäischen Polizeikongress. Wohin der Weg geht, ist damit klar! Wer sich den Entwicklungen in der Stadt entgegen zu stellen versucht, muss zwangsläufig mit heftiger staatlicher Repression rechnen. Diese wird in Berlin nicht nur theoretisch verhandelt, sondern macht einen zentralen Teil der Senatspolitik aus.

Die Stadt als Marke

Doch wo ein Projekt angegriffen wird, wird für ein anderes ein medienwirksames Rettungsszenario inszeniert. So wurde der Schokoladen in Berlin Mitte von offizieller Seite zu einer lebendigen subkulturellen Insel in einem ansonsten tot-gentrifiziertem Kiez stilisiert, für das sich auch der tiefe Griff in den öffentlichen Geldtopf lohnt. Dieses neu entfachte Interesse an alternativer Kultur ist dabei jedoch kein Indikator für eine Veränderung der Berliner Stadtpolitik. Es zeigt vielmehr an, wie alternatives Leben als Standortfaktor zu einem wichtigen Teil des Markenimages einer modernen und toleranten Großstadt wird, als die sich Berlin gerne nach außen verkauft. Der Schokoladen ist somit Teil einer „volkswirtschaftlichen Rechnung“ wie Mittes Bürgermeister Hanke offen zugibt, bei der es darum geht, dass Berlin in Konkurrenz zu anderen Städten nicht verliert, damit „die Szene nicht in ein paar Jahren in Warschau oder anderswo ist“. Das Bild der toleranten Stadt weist allerdings erhebliche Risse auf und so wurden allein 2011 zahlreiche andere Projekte, die sich nicht in diesem Sinn vermarkten ließen, wie die Liebig14 oder Schenkladen in der Scharnweberstraße 29 geräumt bzw. vertrieben wie die Wagenburg Rummelplatz. Und auch in er direkten Umgebung des Schokoladens sind 2012 mit der Linienstraße 206 und der KvU weitere alternative Projekte akut räumungsbedroht. Somit ist der momentane Frieden ein höchst trügerischer! Sollte es dennoch einmal bessere Angebote für das Gebiet geben, gilt auch das Kulturimage nicht mehr viel und der Schokoladen wird genauso schnell gehen müssen, wie die Strandbars am Spreeufer. Was nach dem schleichenden Tod der alternativen Kultur von der Stadt übrig bleibt, kann heute schon in großen Teilen von Prenzlauer Berg besichtigt werden; klinisch tote Luxusviertel für das neue finanzstarke Großbürgertum der hippen Bionade-Bourgeoisie.

Für ein selbstbestimmtes Leben!

Für uns ist alternative Kultur mehr als nur eine gut zu vermarktende Nische im Marketingmix einer modernen Großstadt, nämlich Teil unseres Lebens. Aus diesem Grund wird es auch in diesem Jahr wieder eine Antikapitalistische Walpurgisnacht geben, um sich zeitweise einen Teil der Stadt zurück zu erobern. Allerdings wollen wir unseren Fokus der letzten Jahre über Friedrichshain- Kreuzberg hinaus erweitern. Deshalb nehmen wir mit dem Wedding einen Bezirk in den Blick, in dem wir hoffen, die Menschen vor Ort mit ihren Problemen direkt zu erreichen, um als frühzeitige und kraftvolle politische Intervention agieren zu können. Spätestens mit dem Ende vom Flughafen Tegel wird die Gentrifizierungswelle den Wedding vollends erreichen, sodass zeitnahes Handeln erforderlich ist. Um diesen kämpferischen Charakter zu unterstreichen, wird es neben der altbekannten Kundgebung mit Musikbeiträgen in diesem Jahr eine Demonstration im Anschluss geben.

Damit soll die Wut vor Ort genutzt werden, um unseren Protest gegen eine Stadtpolitik der Ausgrenzung, egal ob in Form von Gentrifizierung, Alltagsrassismus auf dem Amt oder der Straße oder Sozialchauvinismus, lautstark auf die Straße zu tragen. Es wird Zeit, dass wir uns endlich nehmen, was uns schon lange zusteht. Denn die Stadt gehört denen, die drin wohnen.

FRIEDE DEN HÜTTEN – KRIEG DEN PALÄSTEN!!!

am 30.04.2012 ab 14:00 Kundgebung mit Musik in der Gerichtstr. (Ecke Adolfstr.) nahe S+UBhf Wedding

mit Redebeiträgen, einer Theaterperformance von ACT ABSURDUM und Musik von DESINFECT (Punk, Berlin), BANDYLEGS (Ska, Bernau), POLKAGEIST (Polka, Balkan, Berlin), CRUSHING CASPARS (HC, Rostock), ERKO (Rap, Berlin), KAVEH (Rap, Berlin), MC SINAYA (Rap Berlin), GITTASPITTA (Rap, Berlin) und HOLGER BURNER (Klassenkampfrap, Hamburg).

Und ab 21h

Demo gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung (Start am S+U-Bhf. Wedding)

aktuelle Infos unter: walpurgisnacht.blogsport.eu

Wir bleiben Alle!
Gegen Kulturkahlschlag. Für den Erhalt alternativer Projekte.

Aufruf zur Demonstration am 27.4.2012

Die gallischen Dörfer in Mitte und Pankow rufen auf sich solidarisch und
gemeinsam mit allen BewohnerInnen Berlins der Verdrängung und den
Sozialkürzungen entgegen zu stellen.

Es ist höchste Zeit selbst aktiv zu werden, denn die Vergangenheit hat
mehr als bewiesen, dass wir von den politischen Verantwortlichen dieser
Stadt nichts zu erwarten haben. Durch ihre fehlgeleitete
Stadtentwicklungspolitik und dem Ausverkauf von Grundstücken und Häusern
wurde SpekulantInnen und InvestorInnen Tür und Tor geöffnet , die unsere
Stadt nach und nach in eine tot-gentrifizierte Wüste verwandeln.
Die kompromisslose Verwertungslogik und Kommerzialisierung
diktiert den BewohnerInnen das alltägliche Leben und wer sich das nicht
mehr leisten kann, soll gehen. SeniorInnen müssen ihren Kiez verlassen,
obwohl sie dort Jahrzehnte
gelebt haben, Jugendliche suchen vergebens nach Freiräumen. Nachtleben?
Fehlanzeige. Clubs werden durch beschwerdefreudige NachbarInnen
verdrängt, selbst Spätis werden als Störfaktor empfunden. Über 30000
Hartz IV EmpfängerInnen in Berlin zahlen jetzt schon zu, um sich ihre
Wohnungen weiter leisten zu können und es werden immer mehr!
Nicht die BewohnerInnen, sondern die Entwicklungen auf dem
kapitalistischen Wohnungsmarkt entscheiden wo wir wohnen, wie wir
wohnen und ob wir überhaupt wohnen können!

Hinzukommt das Diktat der knappen Kassen. So sollten beispielsweise in
Pankow 1 Million Euro an Kultureinrichtungen eingespart werden. Davon
betroffen sind Bibliotheken, Platzhäuser, Seniorenbegegnungsstätten und
Obdachloseneinrichtungen.

Wer Kultur von unten macht, den erwartet das selbe Schicksal. Während
die Stadtpolitik Berlin als Kulturhauptstadt in Szene setzt, um
kaufkräftiges Klientel anzuziehen, wird die Off-Kultur der
Gentrifizierung überlassen oder eigenhändig vor die Tür gesetzt. Ihren
Zweck als (sub)kulturellen „Aufwertungsfaktor“ oder touristisches
Fotomotiv haben sie erfüllt und können
nun Investorenträumen weichen. Erinnert sei an den Schokoladen, der nur
durch eine breite Kampagne gerettet werden konnte. Die Bedrohung
alternativer Wohn- und Kultur-Projekte in Mitte geht jedoch weiter. So
machen beispielsweise die Besitzer wie die der Linie 206 und der
Kirche von Unten (KvU) derzeit ernst und versuchen „ihre Mieter“ mit
aller Macht raus zu ekeln. Anstelle dessen sollen Lofts und
Prestigeprojekte den Kiez „lebenswerter“machen.
Kommunaler Besitz, eine der wenigen Institutionen die sich an den
tatsächlichen Bedürfnissen der Bewohner orientieren, werden an die
Meistbietenden verscherbelt. So jedenfalls sehen die aktuellen
Rettungspläne von SPD und Grüne aus, um Geld in Pankows Bezirkskassen zu
spülen.

Stattdessen werden uns Alibi-Räume, wie das BMW-Lab vorgesetzt. Während
sie diese Verdrängungspolitik nahezu symbolisieren, dürfen wir dann für
das Prestige dieser Sponsoren mit diskutieren. Na Danke schön !

Die aktuelle Lage zeigt, dass die Unzufriedenheit über die
profitorientierte Aufwertungspolitik dieser Stadt an vielen Stellen
brodelt. Unterschiedlichste Menschen sind nicht Willens ihre Vorstellung
von Wohnen und Leben diesen Entwicklungen zu unterwerfen und wehren sich
dagegen. Sie zeigt jedoch auch, wie isoliert die verschiedenen Kämpfe
geführt werden. Wenn JedeR an seinem Platz allein kämpft, dann wird auch
jedeR allein für sich scheitern. Tun wir uns zusammen, nutzen wir unsere
Unterschiedlichkeit als Stärke, denn Berlin war, ist und bleibt eine
widerständige Stadt!

Wir sagen:

Wir lassen uns nicht verdrängen!
Wir sind diejenigen, die wissen wie die Stadt in der wir leben wollen
gemacht wird!
Wir nehmen es nicht hin, dass der Kampf für beendet erklärt wird!

Für den Erhalt aller kulturellen und sozialen Einrichtungen in Pankow.
Gegen die Vertreibung alternativer Wohn- und Kulturprojekte in Mitte.
Gegen Mietexplosion und Zwangsumzüge.
Für die Selbstorganisation der MieterInnen.

Von KvU, Linie 206, Kastanie, Tacheles über Seniorenbegegnungsstätte bis
Club und Späti, unsere Antwort auf die Eigentumsfrage:

Wir bleiben alle!

Demonstration am 27.4.2012
17:30 Wabe/Thälmann-Park
ab 15:00 Kleinkunst, Musik und …